pixel pixel



P(r)opaganda.[III]

Nach der ersten Dusche und genüsslichen Stunden im eigenen Bett, vor dem ich vor lauter Dankbarkeit beinahe niederzuknien versucht war, stelle ich fest:

********************************************************************************

1. Für manche Dinge bin ich definitiv schon zu alt.

2. Für manche Dinge werde ich definitiv nie zu alt.

********************************************************************************

Am späten Freitag Vormittag erreichen der Beste von allen und ich das Festivalgelände und besetzen natürlich sofort den strategisch günstig gelegenen Präsidentenparkplatz am Campingplatz-Ein-/Ausgang. Das Zelt ist schnell aufgebaut ("Macht doch nix, wenn da'n Kuhfladen drunterliegt, haben wirs heute Nacht schön warm..." -> O-Ton dBva) und bald schon sitzen wir unter freundlichstem Sommerhimmel biertrinkend in unseren Klappstühlchen und studieren Programm und Lageplan.
In meinen Docs wird es mir jetzt schon zu warm und ich fluche vor mich hin, nicht neben den "Notfall-Chucks" doch noch ein paar Flip-Flops mitgenommen zu haben, der Wetterbericht verspricht jedenfalls Großartiges.
Das zweite Bier zwingt mich zur ersten Bekanntschaft mit einem Dixiklo und spontan fällt mir wieder ein, was ich an Festivals denn so gar nicht leiden konnte. Ach ja... das wars.
Zum Glück entdecke ich kurz darauf die Toiletten- und Duschwagen in nächster Nähe und tätige sofort einen Großeinkauf an WC-Marken. 0,50€/Stk. - damit kann ich nun durchaus leben. Sehr schön.

Später finden wir ob unserer Bierdosen keinen Einlass im Spiegelzelt, um die Brakes zu sehen, doch dank Leinwand und Bierzeltgarnituren außerhalb lässt sich das Geschehen innerhalb auch so recht gut verfolgen.

Überhaupt sehr lauschig hier, alles.
Überschaubar angelegt und mit den "großen" Festivals wie Hurricane & Co. gar nicht zu vergleichen. Viele haben sogar Kind & Kegel dabei, das Ganze gleicht eigentlich eher einem größerem Sommerfest, doch ich vermisse trotzdem nichts.

Generell dürfen allerdings keine Fremdgetränke mit aufs "große" Gelände vor der Hauptbühne gebracht werden. - Auch keine Tetrapacks und Plastikflaschen, man wird statt dessen zum Erwerb von Getränkemarken ("Pop-Taler") genötigt, was uns kurz ein wenig missmutig stimmt.
Doch was solls. Die Stimmung ist ansonsten viel zu kuschelig und angenehm, dass wir uns ernsthaft über diese kleine Unannehmlichkeit aufregen würden.

Wir lassen uns zusammen mit dem J., der inzwischen auch eingetroffen ist, von Gabriel Rios angenehm einlullen und zwischendurch esse ich die wahrscheinlich schlimmsten Falafel meines Lebens.
Ich schwöre darauf hin umgehend, ab sofort nur noch dem großen Pommes-Gott zu huldigen und besiegele meinen Schwur mit einem weiteren, großen Schluck Bier.

Als nächstes verpassen wir Polarkreis 18, was zum Teil an der späten Ankunft der C., der I., des G.s und des D.s liegt, aber auch dran, dass man sich einfach ZU leicht am Campingplatz-Treffpunkt bei Bier und noch mehr Bier und überhaupt verquatscht.
Immerhin sind wir so nahe am Gelände, dass wir dem Großteil der Songs zumindest lauschen können, wenn die Akteure schon nicht sichtbar sind. Polarkreis 18 gefallen mir ausgesprochen gut, stelle ich fest und hoffe inständig, dass das jetzt nicht ausschließlich am Bier liegt.

Als wir irgendwann doch wieder auf dem Gelände ankommen und die Stände nach und nach abklappern, stolpere ich fast über den Sänger von The View, der an diesem Tag eine geradezu frappierende Ähnlichkeit mit Frodo Beutlin aufweist und so unglaublich bleich ist, dass ich beinahe in mütterliche Sorge verfallen und ihm einen Schluck Wasser anbieten möchte. Zum Glück kann ich mich gerade noch beherrschen und der kurz darauf folgende, durchaus schmissige, Auftritt der Jungs lässt mich mit der Gewissheit zurück, dass schließlich doch nicht alles so schlimm war, wie es zunächst schien.

Um einiges später dann, bei Forever Lost von den Magic Numbers, heule ich wie ein Schlosshund und habe nicht den Hauch einer Ahnung, wieso eigentlich. Ich belasse es schließlich einfach dabei. Der Gig ist schlicht zu schön, um ihn sich von kruden Gedanken übers eigene Unterbewusstsein verderben zu lassen.
Der Beste von allen bekommt vom halben Gig allerdings nichts mit - er wird von einem amtlichen Schluckauf geschüttelt, der erst durch einen heftigen Kuss meinerseits wieder gestoppt werden kann. (Warum das jetzt besser/genauso gut funktionierte als/wie plötzliches Erschrecken, gibt mir jedoch heute noch zu denken...)

Irgendwann verläuft sich alles ein wenig, es ist schlagartig eisig kalt und schließlich raffen sich nur noch die anderen und der Beste von allen auf, The Waterboys zu gucken.

Ich indes verschwinde, angetan mit 3 Lagen Klamotten (und zugegebenermaßen amtlich betrunken) bis zur Nasenspitze in meinem Schlafsack, streiche auch noch Electric Soft Parade sowas von der To-Do-Liste und murmele nur "Morgen ist auch noch einTag...", als der Beste von allen nach nur einem Song der Waterboys final und frierend ebenfalls ins Zelt wankt.

(Fortsetzung folgt.)


 
 [Rebella.Radio]
   Link 
(3 Kommentare)  
Dein Kommentar   



ungefragt  

Also, ich find Polarkreis 18 auch nüchtern gar nicht schlecht - was auch immer du damit jetzt machst.
Und, ach, Tocotronic. Großartigst (Und das mir als bekennendem Tocotronic-Nichtmöger, eigentlich).

Dass es die Waterboys noch gibt, hat mich beim Lesen des Line-Ups ziemlich verwirrt, ich sah deren Frontmann mal vor tausend Jahren bei einer Single-Tour und dachte, das Thema habe sich erledigt. Waren die so schlecht, dass dBva nur ein Lied durchhielt, oder waren es doch Alter und Temperaturen, die ihn zum Zelt wanken ließen?
Den Polarkreislern muss ich mich wirklich noch einmal ausgiebiger widmen, aber ich denke auch, dass sie rebellschen Anti-Alk-Hörtest bravourös bestehen werden. (Kannte zuvor nur 1-2 Songs, wobei "Kennen" auch mehr als höflich zu werten ist...)

Und die Waterboys waren mir zugegebenermaßen sowas von fremd (man kann ja nu wirklich nicht ALLES mitbekommen haben, in frühester Jugend), dass ich ruhigen Gewissens den Schlafsack versiegeln konnte.
(Beim Bva lag das Desinteresse btw doch eher am Müdigkeits- und nicht am Blödfind-Faktor, der G. fands dafür RICHTIG doof, dazu aber vlt noch etwas mehr im finalen Teil dieses äh... Pamphlets...)
also wirklich..nachzeichnen werkzeug, was?
polarkreis18 sind super! ich pries sie schonmal im zuge von support your nachbarschaftsband an - sie blieben dann allerdings auch die einzigen in der reihe...

und das mit dem schluckauf ist ja tragisch! ich weiss wie schlimm das ist - ich schluckaufe oft 1,5 tage ohne unterlass - vorteil: man nimmt ab dabei (ok, sind vielleicht eher so 0,5kg) die schluckaufdiät.






pixel pixel







pixel pixel
Letzte Beiträge und Kommentare /  still alive and fucking! :)  (c17h19no3)  /  es lag nicht in meiner absicht,...  (morast)  /  Danke für die Treue.  (rebella jane doe)  /  [wusste doch, dass es sich...  (morast)  /  In eigener Sache (inzwischen...  (rebella jane doe)  

Zum Kommentieren bitte einloggen


kostenloser Counter

pixel pixel