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![]() Lose yourself & amplify right now. ![]() Irgend etwas scheppert uns bereits entgegen, als wir letztendlich das Doornroosje in Nijmwegen betreten. Die Fahrt hat lange genug gedauert und mein Hals schmerzt, eine amtliche Mandelentzündung ankündigend, extrem. Bereits vor Stunden habe ich das Sprechen weitmöglichst eingestellt und begnüge mich den anderen MItreisenden gegenüber mit pantomimisch anmutenden Gesten und Bewegungen, wobei ich teilweise komödiantische Züge an mir entdecke, die mir bis dato völlig unbekannt. Man lernt wohl wirklich nie aus - selbst, wenn es noch so weh tut. Während ich also noch hände- und hirnringend nach einer Geste für "Oh, schon die Vorband?" suche, erlöst mich der Beste von allen mit einem zärtlich ins linke Ohr gebrüllte "HEY - DIE VORBAND IST JA SCHON DRAN!", worauf hin wir uns durch die noch gut überschaubare Publikumsmenge einen Weg vor die Bühne suchen. Die fünf Jungs auf derselben erhaschen umgehend unsere kollektive Sympathie und ebenso verhalten freundlich wie der Rest der Anwesenden wippen und nicken wir zum durchaus angenehm satten Sound mit. Auf der Bühne wird wirklich alles gegeben, der Sänger steht schwitzend in einer ähm... Flüssigkeitslache, deren Entstehung uns Musikalische Ähnlichkeiten mit z.B. "Muse" werden fix und wohlwollend erkannt und genüsslich bestaunt. - Jau, die können was, die Jungs. Sehr schön. Ein paar Songs später - ich bin gedanklich noch mitten in der Getränke-Auswahl (Rotwein? Wasser? Bier? Milch mit Honig? Wodka? Tee? Tee mit Rum?) - werden ich und alle anderen gezwungen, diese Band sofort auf die "Unbedingt merken!"-Liste zu setzen, denn sie spielen plötzlich ein gnadenlos gutes Cover von (Achtung!) EMINEMs "Lose yourself". Na aber hallo! Endlich dreht mal eine Rockband diesen blöden "Wir Rapper verwursten jetzt alles, was uns in die Finger kommt"-Spieß um! Ich verbleibe zutiefst beeindruckt und erstarre doch augenblicklich vor Halsschmerz, als ich dem Besten von allen in diesem Zuge ein unbedachtes "Wie geil ist DAS denn, bitte?!" entgegenbrülle. Aua. Nun kann ich mich erst recht nicht mehr entscheiden, ob oder was ich trinken möchte und nippe später nur kurz am Bier des Herzallerliebsten. Egal. Irgendwie durchhalten und nachher unbedingt noch am Merchandising-Stand vorbeischauen ist die ab jetzt gültige Devise. Im wahrscheinlich bereits einsetzenden Fieberwahn erwische ich mich noch bei dem Gedanken, dem immens wuscheligen Bassisten bei sich eventuell ergebender Gelegenheit noch dieses unglaubliche Low-Fi-Glamrock-Jacket zu klauen und kichere leicht hysterisch. ...Gut, das mich hier keiner kennt. Und wirklich: In diesem Club war ich bisher, im Gegensatz zu anderen Mitreisenden, noch nie. Nach dem fulminaten Finale der Vorband streifen wir in verschiedene Richtungen los und ich stelle fest, dass das Doornroosje definitiv einer dieser Clubs ist, in denen man sich sofort zuhause fühlt: Gute Aufteilung in Konzertraum mit eigener Theke, gut zugänglichen und ausreichend gepflegten Toiletten, einem schönen Café und - HA! ...einer Merchandising-Nische im Zwischengang. -> Eben dort erfahre ich dann ob der ausliegenden Artikel, dass die Vorband sich Cloudride nennt und wirklich, wirklich alles gegeben hat, denn zumindest der Sänger steht völlig erschöpft aber kind of glücklich dort herum. Etwas schüchtern und noch immer halskratzend frage ich ihn flüsternd und sicherheitshalber auf Englisch nach der ausliegenden CD. Freudestrahlend bekomme ich eine überreicht, der Preis ist auch o.k. und - von welchem Teufel auch immer geritten - bitte ich, immer noch englisch flüsternd, um ein Autogramm, wo er denn doch gerade da sei. (Ganz im Ernst: So etwas mache ich wirklich äußerst selten! Ich schiebe das jetzt auch einfach mal auf das bereits erwähnte, einsetzende Fieber...) Kurz bevor mir die Sache aber wirklich peinlich werden kann, bekomme ich das Angebot, die anderen Bandmitglieber doch "by the way" auch noch signieren zu lassen, man müsste sich nur eben etwas später nochmal zur CD-Übergabe wieder treffen. - Verblüfft und hoch erfreut sage ich stumm nickend zu. Der Deal steht: "See you after the Amplifier-Show. Right here." -Schnell grinsflüstere ich noch ein "Hey - this is already payed, wanna see it it again!" mit Blick auf den Tonträger hinterher, aber wirkliche Sorgen mache ich mir eigentlich nicht. Beginnender Fieberwahn impliziert anscheinend doch einen gewissen, angenehmen Scheiß-egal-Modus, dem ich mich beim Zurückwuseln zur Bühne kurz darauf vollends hingebe. Eben dort finde ich die anderen Mitreisenden beinahe vollständig wieder und schließlich, unter allseits erfürchtigem AH! und OH!, betreten endlich Amplifier dieselbe. ![]() Der Sänger trägt Napster-T-Shirt, was ihm, zumindest bei mir, sofortige Sympathie-Punkte auf der nach oben offenen Livekonzert-Ironie-Skala einbringt. Sehr schön. Und ohne großes Vorgeplänkel wird losgelegt. Das bereits in der Aufbauphase sorgsam beäugt und bestaunte, hoch gepriesene Bühnenequipment der Herren Amplifier kommt aufs Lauteste und unter Einsatz aller vorhandenen Gliedmaßen zum Einsatz. Für einen ersten kurzen Moment fühle ich mich einfach nur von einer Soundwelle nach hinten geworfen, die mich jedoch - ganz kurz vor dem wirklichen Umkippen - wieder auffängt und nach vorne zieht, um mich gleich darauf wieder in ein Soundspektakel zu entlassen, das sich ebenso gewaschen hat. Nein - hier hat kein bisheriger Konzertbericht gelogen, diese Band haut einen im wahrsten Sinne des Wortes einfach nur von den Füßen. Ich schaue wippend und schwankend in die mich umgebenden Gesichter und erhasche komplett einvernehmliches Wohlbefinden, was sich teils durch wildes Gezucke, teils durch ekstatisch-kryptische Zurufe an die Bandmitglieder äußert. Ich erteile mir weiterhin und jetzt aber wirklich(!) absolutes Sprechverbot, denn jedes mal wenn ich schlucke oder eine Textzeile lediglich mitsummen(!) will, fühlt mein Hals sich an wie eine Wasserrutsche. Nur mit Stacheldraht anstelle des Wassers. ![]() Für die Unterhaltung als solche sorgen zwischenzeitlich aber geflissentlich Sänger und Bassist, die sich zwischen den Songs mit ihren Wortgefechten als beinahe Stand-Up-Comedy-verdächtig erweisen. - Die permanenten "turn this/me/everything louder!" - Gesten, die bei jeder sich bietenden Gelegenheit an den Sound-Engineer gerichtet (und auch befolgt!) werden, bescheren mir im Laufe des Gigs allerdings doch ernsthafte Sorgen um mein Hörvermögen. Und, während der Begriff "Effekte-Stepdance" gerade wieder Kreise zieht, denke ich angesichts der unglaublichen Verschleifungen der ganzen vor mir und allen ausgebreiteten Pedale noch eben: "Was passierte eigentlich, wenn man jetzt einfach eine, nur eine(!) dieser ganzen Strippen einfach mal ausstöpseln würde?", als ein offensichtlich sympatischst durchgeknallter Mensch aus dem Publikum eben dies bereits getan hat. Ein Song wird nämlich laut lachend von Band und Publikum neu begonnen, da der Gitarre plötzlich nur noch ein zwitscherndes "Pling-Paling", statt des erwarteten "Schring-Kawumms" entfleucht. Der Übeltäter outet sich aber sorgsam und lachend selbst und ihm wird seitens der Herren Amplifier auch sogleich als Hardcore-Fan (im Sinne von "Oh - YOU again...!") mal wieder die jetzt aber wirklich aller(!)letzte Absolution erteilt. ![]()
Irgendwann, als mir die nicht enden wollenden "L A U T E R !" - Gesten der Stage-Akteure den akustischen Rest in Form eines amtlichen Dauer-Feedbacks geben, hisse ich dann doch rebellsche weiße Fahne und opfere den zumindest visuell perfekten direkt-vor-der-linken-Box-Platz zugunsten einer audio-angenehmeren Position direkt neben dem Sound-Engineer, was mir letztendlich immerhin einen gewissen Wiedererkennungswert der weiteren Songs beschert. Ich lausche dem Rest der Show und beobachte die extrem amüsante Band-Publikum-Kommunikation während der Zugaben. - Und: YEPP! Amplifier ist wirklich eine Band, die sich live werder hinter den eigenen Studioaufnahmen, noch irgend einer anderen Band verstecken muss. 12 von 10 möglichen rebellschen Punkten. Nach der letzten Zugabe (Sorry, Tilo & Doro, habe bisher keine amtliche Setlist gefunden! ;-) husche ich eilig und noch vor der finalen Publikums-Auswanderung zum Merchandising-Stand. ... Und finde eben dort den inzwischen noch abgekämpfter als zuvor wirkenden Sänger von Cloudride vor, der mir aufs Netteste meine inzwischen von allen Bandmitgliedern signierte CD re-überreicht. Nun bin ich echt gerührt und bedanke mich, so überschwänglich es flüsternd und auf Englisch eben geht. Man verabschiedet sich und schnell finde ich mich mit einigen Mitreisenden im durchaus "muggeligen" Café wieder, wo ich beim erstmaligen "wirklichem" Betrachten der CD feststelle, dass Cloudride aus der Schweiz kommen und wir uns das ganze "And now: In English!" - Gedöns eigentlich hätten sparen können. Damn! This is peinlich. - Zwar habe ich noch meine Fieber-Entschuldigung, allerdings mache ich diese umgehend mittels zweier Biere und viel zu viel Gespräch mit den anderen wieder zunichte. The blame's on me, finally. Auf dem Rückweg im Herzallerliebstenmobil stellen wir kollektiv noch fest, dass Cloudride live wesentlich mehr hergeben als auf CD und dass Amplifier sich wirklich und endlich mal gegen das allgemeine Publikums-Ohrenpfeifen haftpflichtversichern sollten, aber eigentlich bin ich nur noch froh, auf dem Beifahrersitz die Augen zu schließen und die beste aller Hände auf meinem linken Knie zu spüren. Lächelnd. Penicillin can wait.
morast Unglücklicherweise habe ich mich Amplifier noch nicht erwärmen können, weswegen ein Sofortaufsprung und CD-Kauf/Konzertbesuch wohl nicht die beste aller Ideen ist. Doch Cloudride werde ich mir mal an die Ohren schallen lassen...
Oh, danke erstmal. Aber das sind wirklich nur Konzertberichte und keine Kaufbefehle, ehrlich!
(Und, wie gesagt: Cloudride sind live und aus der Konserve kaum zu vergleichen! Amplifier hingegen lohnen so oder so, benötigen aber m.E. durchaus eine gewisse Grundstimmung beim Hören - nix für "alle Tage" also.) morast >> Kommentieren Amplifier hatte ich bislang noch nicht das Glück live zu erleben. Immerhin steht aber ihr Debütalbum in meinem Plattenschrank, das ich gleich mal wieder hervorziehen werde. Toller Konzertbericht!
Oh, freut mich sehr, mal wieder zum "Schätzchen in der Plattenkiste abstauben" angeregt zu haben.
Turnen Sie this/you/everything auch ruhig ordentlich louder! Dett is so 'ne Scheibe, die wird nie schlecht... ;-)
Werde ich neuerdings gesiezt? :)
Laut hören ist ne Selbstverständlichkeit, wenn es um gute Rockmusik geht. Und die Amplifier wird auch nicht mehr schlecht, sie ist schon zu lange gut. :)
Ach, das mit dem "Du" und "Sie" in diesem Blog bitte nicht so ernst nehmen.... das haue ich allen und jedem, ganz wie es mir beliebt, nach spontaner Eingabe und gänzlich ohne Wertung, mal so und mal so um die Ohren.
(Persönliche Mindesthaltbarkeitsangaben auf Tonträgern wären by the way echt mal ne Idee...!) >> Kommentieren |
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